Gründer des Shaolin Kempo

Die Gründer der Stilrichtung Shaolin Kempo

Wie schon unter "Die Historie des Kempo" beschrieben, steht das Wort Kempo stellvertretend für alle chinesischen Kampfkünste, wobei nicht unterschieden wird, ob es denn nun Wushu, Kung Fu, Ba Qua oder Quin Na ist; sie alle entstammen derselben Quelle und gehören der gleichen Familie an. Trotz der sehr alten Tradition, die diese Kampfkunstarten in sich tragen, sind die Anfänge des Kampfstils „Shaolin Kempo“ in nicht allzu weit entfernter Vergangenheit zu suchen. Der Stil „Shaolin Kempo“ hat letztendlich zwei Begründer: Si-Jo Carel Faulhaber sowie Prof. Dr. Prinz Ganjuuryn Dschero Khan, 10. DAN Kempo - Sifu-Tze G.K. Meijers. Beide waren in den Kampfkünsten verschiedener Stile bewandert.

Si-Jo Carel Faulhaber

G. K. Meijers

Carel Faulhaber wurde am 2. November 1923 in Semarang auf Java, Indonesien, geboren. Wie damals üblich, wurden die Kampfkünste familienintern von Vater zu Sohn weitestgehend unverändert weiter gegeben und so geschah es, dass Carel Faulhaber von seinen Vater Andris Friedrich Faulhaber in Kun-Tao unterrichtet wurde, der es wiederum von seinem Vater gelernt hat. Zusätzlich nahm der Kampfkunst verfallene Carel Faulhaber Unterricht bei einem einäugigen, aus China stammenden Meister des Kun-Tao, Liem Tjoei Kang. Faulhaber erweiterte zudem sein Wissen bei einem namentlich nicht erwähnten Dukun (einem indonesischen, traditionellen Heiler) in der Kampfkunst Pukulan, einer auf Java / Indonesien lokalen Pencak Silat Form. Seine militärische Laufbahn im holländischen Heer in Neu Guinea ermöglichte ihm 1954 die Übersiedlung nach Holland. 1961 ließ Faulhaber sich mit seiner Familie in Renkum  (NL) nieder, wo er sein Wissen an seine vier Söhne aber auch außerhalb  seiner Familie weiter gab. Hierfür schloss er sich 1959 dem Verband  Judokwai in Holland an und änderte den Namen Kun-Tao in Shaolin Kempo um, da die Verbandsstrukturen japanische Namen bevorzugten und nur so eine Mitgliedschaft möglich war.

Über den  Zweitgenannten, Sufi-Tze G.K. Meijers, sind mehrere Geschichten zu lesen und nicht selten widersprechen sich manche Texte inhaltlich - auch bei Wikipedia. Nach Abgleich  der zahlreichen Internetseiten mit einer im Jahre 2005 niedergeschriebenen „Biographie“, der mehrere Interviews mit Sifu-Tze persönlich zu Grunde liegen sollen, erscheint die folgende  Darstellung über G.K. Meijers am plausibelsten.


Sifu-Tze G.K. Meijers  wurde seinen eigenen Angaben nach als Prinz Ganjuuryn Dschero Khan am 28. August 1928 in Ulan Bator (Mongolei) geboren und soll somit ein weiterer Nachkomme des legendären Dschingis Khan sein. Diese adelige Abstammung, welche am 29. April 1991 von der mongolischen Regierung bestätigt und anerkannt wurde, soll dem zur Zeit Dschero Khans  Kindheit  regierenden kommunistischen Regime ein Dorn im Auge gewesen sein, so- dass Dschero Khans leibliche Eltern ihn 1934 (im Alter von 6 Jahren)  unter strengster Geheimhaltung in die Obhut chinesischer, buddhistischer Mönche übergaben. Von da an, bis zu seinem 14. Lebensjahr ist nicht viel über Dschero Khan zu finden. Er gibt weiter an, in dieser Zeit in verschiedenen Klöstern gelebt zu haben sowie ab seinem 7. Lebensjahr mehrere Kampfsysteme unter anderen Qi Gong sowie die chinesischen Klassiker, u.a. Chuan Su und Wu Tang bis zur Meisterschaft studiert zu haben. Im Kindesalter wurde er von dem niederländischen Soldaten Gerard Carel Meijers adoptiert und verbrachte ebenfalls viel Zeit in diversen Kasernen des niederländischen Heeres. 1942 geriet Dscheros Adoptivvater G.C.Meijers in japanische Gefangenschaft; Dschero Khan selbst wurde als 14 Jähriger in einem Jungencamp in Zjiemahi interniert. Von da aus gelang ihm die Flucht und er fand erneut in einem Kloster Unterschlupf. Mit 17 Jahren, 1945, kehrt er zu dem aus der Gefangenschaft zurückgekehrten Pflegevater Meijers zurück und reiste nach dem indonesischen Unabhängigkeitskrieg 1950 mit ihm zum ersten Mal in die Niederlande. Um bei dem im selben Jahr  ausgebrochenen Koreakrieg mitwirken zu können, nahm er die niederländische Staatsbürgerschaft sowie den Namen Gerard Karel Meijers an. Um dies zu ermöglichen änderte man sein Geburtsdatum auf 1934 sowie sein Geburtsort zu Magelang/Indonesien – damals unter der niederländischen Führung. Seinen Koreaeinsatz beendete er nach zwei Jahren. In dieser Zeit widmete er sich dem Vorläufer des heutigen Tae-Kwon-Do, damals unter dem Namen Taekyon Army Combat, und erhielt darin 1953 den 1. DAN. Seine Rückkehr in die Niederlande 1954 erfolgte über mehrere Stationen in Japan und Taiwan, wo er ebenfalls weiteren bedeutenden Kampfkünstlern wie So Doshin, dem Begründer des Shorinji Kempo, welches ihn sehr beeindruckte, begegnete. In den Niederlanden angekommen unterrichtete er im niederländischen Heer Dienstpflichtige in den ihm bekannten Kampfkünsten. Zwischen 1958 und 1960 trainierte er Judo und Jiu-Jitsu beim Boersma und zwei Jahre später, 1962, lernte er Jon Blumig kennen, von dem er in Kyokushinkai Karate unterrichtet wurde und bereits nach zwei Monaten seine Prüfung zum Braungurt ablegte.  Auch in dieser Zeit, April/Mai 1962, begegnete G. K. Meijers Carel Faulhaber, der ihn in der Kampfkunst Kun-Tao unterwies, was Meijers allerdings in seiner Biografie nicht bzw. ungerne erwähnt: seinen Angaben nach, kenne er Carel Faulhaber nur vom gelegentlichen Kaffeetrinken.


Bei einer Begegnung zwischen Meijers und Faulhaber gab Meijers an, bereits Erfahrungen in diversen Kampfkünsten zu besitzen. Meijers Angaben zufolge soll Faulhaber selbst während einer Kyokushinkai-Karate Vorführung, bei der G.K. Meijers unter der Leitung von Jon Bluming beteiligt war, von dieser japanischen Kampfkunst angetan gewesen sein. Die im Juni 1962, also einen Monat nach der Vorführung, durch Meijers eröffnete Kampfsport-Schule ist womöglich als Beginn der gemeinsamen Tätigkeit zwischen Meijers und Faulhaber anzusehen, zumal Rob Faulhaber, der Sohn von Carel Faulhaber, bei Meijers in Kyokushinkai-Karate unterrichtet worden sein soll.


Sowohl Meijers als auch Faulhaber ließen ihre persönlichen Erfahrungen einfließen. Die anfangs im Shaolin Kempo Stil  bekannten Bewegungen können sowohl dem Kun-Tao als auch dem Kyokushinkai-Karate zugeordnet werden. Die Formen, Sifat / Kata genannt, sind Carel Faulhaber zuzuschreiben, welche ebenfalls im Kun-Tao Stil anderer Schulen eindeutig wieder zu erkennen sind. Die typischen Merkmale wären u.a. die flüssigen Bewegungen, die variationsreichen Stände sowie deren Höhenänderung. Aber auch die harten sowie direkten Stöße sind typische Merkmale des Kun-Tao. Das Kyokushinkai-Karate sowie das später Einfluss nehmende Goju Ryu sind eher im japanisch geprägten Kihon sowie dem Kihon-Kumite wieder  zu finden. Ebenfalls die Nomenklatur ist auf den japanischen Einfluss der beiden Karatestile zurück zu führen.


Nach dem Bruch zwischen Meijers und Faulhaber im Jahre 1965 aufgrund lang anhaltender, unüberbrückbarer Differenzen gingen die beiden getrennte Wege, wobei Faulhaber wieder die Lehre des Kun-Tao mehr in den Vordergrund stellte. Meijers hingegen reiste erneut nach Asien. Einer der Gründe für seine wiederholte Reise ist der „Lockruf seines Heimatbodens“. Er gibt ebenfalls an,  „von den Konflikten mit Menschen, die ihn nicht begreifen konnten“ 1) genug zu haben. Womöglich ist dies ein Hinweis auf das ebenfalls zerstrittene Verhältnis zu Jon Bluming aufgrund einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Meijers und einem Italiener, dem Meijers ein Auge mit einem Stilett ausgestochen hat. In Asien besuchte er sehr angesehene Kampfkunstikonen, u.a. Gogen Yamaguchi (Goju Ryu) sowie erneut So Doshin (Shorinji-Kempo). Die darin gesammelten Erfahrungen band er in sein Shaolin Kempo ein und gründete 1967 den „Eerste Nederlandse Shaolin Kempo Bond“ (E.N.S.K.B.). Meijers entwickelte aufgrund seiner Kenntnisse u.a. in Judo, Jiu-Jitsu, Kyokushinkai-Karate und Goju Ryu  weitere Kempo Stile wie Kong-Soo-Tao, Shaolin-Kempo, Chan-Shaolim-Si,  Dju-Su und  das Kempo Naadaa. Er ist vielfacher Träger des 10. Dan u.a. auch  in den von ihm selbst gegründeten Kampfstilen. Seine Versuche, sein Shaolin Kempo populärer zu machen, brachten ihn mitunter  nach Deutschland, wo hauptsächlich ihm die Entwicklung des Shaolin Kempo zugeschrieben wird.


Carel Faulhaber hingegen blieb mit seiner Lehre und Schülern hauptsächlich in den Niederlanden. Sein früher Tod 1974 im Alter von 50 Jahren verhinderte die so starke Verbreitung seines Shaolin Kempo Stils wie die von Meijers. Noch zu seinen Lebzeiten unterrichtete Carel Faulhaber einen auserwählten Kreis an Schülern, den „Ring of five“, zu den Richard Kudding, Rob Faulhaber, Jimmy Bax, E. Lammert v. Bueren sowie Ted Verschuur gehörten. Nach Faulhabers Tod versuchten sie seine Lehre sowie die Ursprünge weiter zu geben, aber auch  die eigenen Erfahrungen mehr einfließen zu lassen, was auch hier zu einer weit gefächerten Lehre und Abwandlungen des Shaolin Kempo führte.


1) Biographie Prof. Dr. Sifu Tze Chen Tao Tze Prinz Ganjuurin Dschero:  "Ich bin nur ein Sandkorn in der Wüste", Seite 10